Aktionärbindungsvertrag: So gelingt eure Zusammenarbeit
In einer Aktiengesellschaft dreht sich alles um strategische Entscheidungen und erfolgreiche Zusammenarbeit. Doch was passiert, wenn Differenzen zwischen den Aktionären die Zukunft des Unternehmens gefährden? Hier kommt der Aktionärbindungsvertrag ins Spiel – das unsichtbare Band, das die Aktionäre zusammenhält und für klare Verhältnisse sorgt.
Entdeckt, warum ein Aktionärbindungsvertrag unverzichtbar ist und wie ihr das Fundament für eine stabile Zusammenarbeit legt!
Was ist ein Aktionärbindungsvertrag?
Ein Aktionärbindungsvertrag (ABV) ist ein privater Vertrag zwischen den Aktionären einer Schweizer Aktiengesellschaft. Er regelt die internen Abläufe, die nicht im Gesellschaftsrecht oder in den Statuten festgelegt sind. Besonders bei der Gründung einer Aktiengesellschaft spielt der ABV eine zentrale Rolle.
Warum ist ein Aktionärbindungsvertrag wichtig?
Ein gründlich erstellter ABV sichert den langfristigen Erfolg der AG und schafft stabile Verhältnisse. Besonders relevant ist dies für die Interessen einzelner Aktionäre, die sicherstellen möchten, dass ihre Beteiligungen unabhängig von ihrem Wohnsitz in der Schweiz oder ihrer Rolle als natürliche oder juristische Person geschützt sind.
Ohne einen solchen Vertrag kann es bei Differenzen oder Interessenkonflikten schwierig werden, eine Einigung zu erzielen. Der ABV dient als Grundlage, um Streitigkeiten zu verhindern und das Unternehmen erfolgreich zu führen. Er bietet den Aktionären Sicherheit und Klarheit über ihre Rechte und Pflichten.
Form und Inhalt des Aktionärbindungsvertrags
Ein ABV sollte stets schriftlich dokumentiert werden. Sein Inhalt kann je nach den Anforderungen der Gesellschaft unterschiedlich gestaltet sein. Es gibt jedoch einige grundlegende Elemente, die häufig enthalten sind:
1. Stimmrechte:
Der ABV kann festlegen, wie die Stimmrechte der Aktionäre ausgeübt werden: Zum Beispiel, dass Einstimmigkeit erforderlich ist. Dies ist besonders wichtig bei bedeutenden Entscheidungen, wie der Wahl der Mitglieder des Verwaltungsrates, der Übertragung von Aktien und der Fusion.
2. Aktienübertragung:
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Regelung zur Übertragung von Aktien. Häufig wird festgelegt, dass ein Verkauf von Aktien nur mit Zustimmung der anderen Aktionäre erfolgen darf. Dies verhindert, dass ungewollte Dritte Einfluss auf die Gesellschaft erhalten. Siehe mehr dazu beim nächsten Abschnitt.
3. Führung des Unternehmens:
Der ABV kann bestimmen, wer Entscheidungen trifft und wie die Unternehmensstrategie festgelegt wird.
4. Konfliktbewältigung:
Ein zentraler Bestandteil ist die Regelung von Konflikten. Der ABV sollte Mechanismen enthalten, die Differenzen unter den Aktionären beseitigen.
5. Sanktionen bei Verstössen:
Schliesslich kann der ABV auch Sanktionen für Verstösse vorsehen, z.B. eine Vertragsstrafe, die im Falle einer Vertragsverletzung bezahlt werden muss. Dies stellt sicher, dass alle Parteien ihre Verpflichtungen ernst nehmen und befolgen.
Kernstück des ABV: Übertragungsbeschränkungen
Das Kernstück der meisten ABV liegt bei den Übertragungsbeschränkungen. Die Beschränkungen sehen vor, dass die Aktienübertragungen nur dann zulässig sind, wenn sie in Übereinstimmung mit dem ABV erfolgen. Die gängigsten Bestimmungen sind das Vorkaufsrecht, Drag-Along-Recht und Tag-Along-Recht.
Ein Vorkaufsrecht gewährt bestehenden Aktionären das Recht, Aktien zuerst zu kaufen, bevor diese an Dritte verkauft werden. Falls die Aktionäre ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben, darf der verkaufswillige Aktionär die Aktien an Dritte veräussern. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Aktionäre oder die Gesellschaft bevorzugt zum Kauf berechtigt sind.
Unternehmenshintergrund:
Im ABV steht, dass die anderen Aktionäre ein Vorkaufsrecht haben.Fall: Herr Meier, der 30 % der Aktien an der InnoTech AG hält, möchte seine Aktien verkaufen und hat ein Angebot von einem externen Investor erhalten, der bereit ist, mindestens CHF 100’000 zu zahlen.Innovative Ventures AG und Frau Huber entscheiden sich, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, um die Aktien von Herrn Meier zu übernehmen. Innovative Ventures AG und Frau Huber teilen Herrn Meier mit, dass sie seine Aktien zu denselben Konditionen kaufen möchten. So bleibt die Kontrolle über die Aktiengesellschaft in der bestehenden Aktionärsstruktur.
Das Drag-Along-Recht schützt Mehrheitsaktionäre, indem es Minderheitsaktionäre zwingt, ihre Aktien ebenfalls zu verkaufen. Dies erleichtert den Verkauf von 100 % des Unternehmens, da es oft schwieriger ist, Käufer für nur einen Teil des Unternehmens zu finden.
Die Drag-Along-Klausel kann auch eine Mindestbewertung des Unternehmens festlegen, um Minderheitsaktionäre vor einem zu niedrigen Verkaufspreis zu schützen.
Zum Beispiel: Im ABV ist eine Drag-Along-Klausel festgelegt. Diese besagt, dass, wenn die Innovative Ventures AG als Mehrheitsaktionärin einem Verkauf zustimmt, die anderen Aktionäre verpflichtet sind, ihre Aktien ebenfalls zu den gleichen Bedingungen zu verkaufen.
Fall: Innovative Ventures AG, die Mehrheitsaktionärin mit 50% der Aktien, erhält ein attraktives Angebot von einem Käufer, der die gesamte InnoTech AG übernehmen möchte. Der Käufer bietet für 100% der Aktien mindestens CHF 100’000.
Aufgrund der Drag-Along-Klausel im ABV kann die Innovative Ventures AG Herrn Meier und Frau Huber dazu zwingen, ihre Aktien ebenfalls zu verkaufen, obwohl sie möglicherweise zunächst nicht verkaufen wollten. Durch die Ausübung der Drag-Along-Klausel wird der Verkauf aller Aktien zu den gleichen Bedingungen ermöglicht. So erhalten auch Herr Meier und Frau Huber mindestens CHF 50’000 für ihre Aktien, und der Käufer kann die InnoTech AG vollständig übernehmen.
Das Tag-Along-Recht schützt Minderheitsaktionäre, indem es ihnen erlaubt, ihre Aktien zu den gleichen Bedingungen wie die Mehrheit zu verkaufen, wenn ein oder mehrere Aktionäre einen bestimmten Schwellenwert an Aktien veräussern wollen. Stimmt der Käufer nicht zu, darf auch der verkaufswillige Aktionär seine Aktien nicht verkaufen. Es kann auch ein anteilmässiges Mitverkaufsrecht geben, bei dem Aktionäre proportional mitverkaufen dürfen.
Zum Beispiel: Im ABV der InnoTech AG ist eine Tag-Along-Klausel festgelegt. Diese besagt, dass, wenn ein Mehrheitsaktionär seine Aktien verkauft, die Minderheitsaktionäre das Recht haben, ihre Aktien zu den gleichen Bedingungen mitzuverkaufen.
Fall: Die Innovative Ventures AG, die 50% der Aktien hält, plant, ihre Aktien an einen externen Investor zu verkaufen, der bereit ist, für diese 50% der Aktien mindestens CHF 100’000 zu zahlen.
Herr Meier und Frau Huber beschliessen, von ihrem Tag-Along-Recht Gebrauch zu machen, und verkaufen ihre Aktien ebenfalls zu denselben Konditionen. So erzielen sie insgesamt mindestens CHF 50’000 und vermeiden, in einer unerwünschten neuen Aktionärsstruktur als Minderheitsaktionäre verbleiben zu müssen.
Dauer des Aktionärbindungsvertrags
Die Dauer eines ABV ist ein wesentlicher Aspekt, der sorgfältig überlegt werden muss. In der Regel wünschen sich die Parteien eine möglichst lange Bindung, um ihre Interessen langfristig zu schützen.
Im Schweizer Recht gibt es keine feste Begrenzung für die Höchstdauer solcher Verträge. Allerdings darf der Vertrag gemäss den gesetzlichen Vorschriften nicht auf „ewige“ oder übermässig lange Zeit abgeschlossen werden. Eine zu lange Bindung könnte die persönliche und wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Parteien unzulässig einschränken.
Schweizer Gerichte könnten eine unbefristete oder sehr lange Bindung als gegen Treu und Glauben verstossend oder unangemessen ansehen. Dies könnte zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel führen.
Typischerweise dauert ein ABV 5-10 Jahre, während ABVs mit starker Bindung häufig eine Laufzeit von 15-20 Jahren haben.
Der richtige Zeitpunkt für den Abschluss
Der ideale Zeitpunkt, um einen ABV abzuschliessen, ist oft bereits bei der Gründung einer Aktiengesellschaft. In dieser Phase können die Gründer die Grundlagen für die Zusammenarbeit festlegen. Alle Beteiligten sollten von Anfang an wissen, worauf sie sich einlassen. Mehr Informationen zur Gründung einer Aktiengesellschaft findet ihr in unserem Blog.
Der ABV kann später angepasst werden, falls sich die Unternehmensstruktur ändert oder neue Aktionäre hinzukommen. ABV werden auch häufig angepasst, wenn neue Investoren einsteigen, um deren Bedürfnisse und Anforderungen zu erfüllen. Es ist wichtig, den Vertrag regelmässig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass er den aktuellen Bedürfnissen und Gegebenheiten entspricht.
Vorgehen bei der Erstellung eines Aktionärbindungsvertrags
Die Erstellung eines ABV ist ein strukturierter Prozess, der sorgfältige Planung und Berücksichtigung aller beteiligten Parteien erfordert. Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung:
1.Ziele
Zu Beginn steht die Frage: Warum wird ein ABV benötigt? Gemeinsam mit den anderen Aktionären sollten die Gründe und Ziele für den ABV geklärt werden.
2.Definition der Inhalte
In dieser Phase werden die genauen Inhalte des ABV festgelegt. Dazu gehören Regelungen zur Stimmrechtsausübung, Wahl des Verwaltungsrats, Übertragung von Aktien und Geschäftsführung. Ausserdem sollten Mechanismen zur Konfliktlösung sowie Bestimmungen zur Beendigung der Zusammenarbeit enthalten sein.
3. Juristische Beratung
Es ist ratsam, eine auf Gesellschaftsrecht spezialisierte Rechtsberatung hinzuzuziehen. Diese kann sicherstellen, dass der ABV rechtlich einwandfrei und im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht.
4. Verhandlung und Einigung
Sobald der Vertragsentwurf vorliegt, sollten alle Aktionäre die Gelegenheit haben, ihre Meinungen und Bedenken einzubringen. Dies kann mehrere Verhandlungsrunden erfordern, um sicherzustellen, dass alle Parteien mit den Regelungen einverstanden sind. Transparenz und offene Kommunikation sind in dieser Phase entscheidend, um spätere Konflikte zu vermeiden.
5. Finalisierung und Abschluss
Nach den Verhandlungen wird der ABV finalisiert. Dabei sollten alle Details präzise und eindeutig festgehalten werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Sobald der ABV fertiggestellt ist, wird er von allen Aktionären unterzeichnet.
6. Implementierung und laufende Überprüfung
Nach der Unterzeichnung des ABV folgt die Implementierung der festgelegten Regelungen. Es ist wichtig, dass der ABV regelmässig überprüft und bei Bedarf aktualisiert wird. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn sich die Rahmenbedingungen oder die Zusammensetzung der Aktionäre ändern.